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  • Modul 2A1 LE3 Kap 1

    1. Quantitative Analyseverfahren werden im Forschungsprozess am Punkt „Datenaufbereitung und-analyse“ genutzt. Große Datenmengen werden im Rahmen der Univariaten Datenanalyse auf wenige Kennzahlen verdichtet, dazu zählen Häufigkeiten, Lage-, Streuungs- und Formmaße. Bei der bivariaten Datenanalyse werden anschließend Beziehungen zwischen zwei Variablen auf Unterschiede und Zusammenhänge untersucht, dazu werden Kreuztabellen und Zusammenhangsmaße (Koeffiziente) genutzt, z.B. Pearson’s „r“. Die multivariate Datenanalyse untersucht den Einfluss einer Variable auf andere Variablen, z.B. mithilfe der Regressionsanalyse. Mithilfe der Interferenzstatistik wird untersucht, ob die Befunde einer Zufallsstichprobe auf die Grundgesamtheit übertragen werden können. Es werden die Skalenniveaus nominal (nur Auszählen), ordinal (auch Ordnen), Intervall (auch Differenz bilden) und Ratio/Verhältnis (auch Quotient bilden) unterschieden. Variablen können diskret, mit einer endlichen Zahl an Ausprägungen, oder stetig, mit unendlichen Ausprägungen, sein. Dichotome Variablen können nur zwei Ausprägungen annehmen (ja/nein, Geschlecht, zugehörig/nicht zugehörig). Manifeste Variablen lassen sich direkt beobachten, latente Variablen werden durch Operationalisierung beobachtbar gemacht (Intelligenz, Zufriedenheit).

  • Modul 2A1 LE2, Kapitel 1-9

    1. Der Beispieldatensatz beruht auf einer Befragung in Bildungseinrichtungen. Die Grundgesamtheit bilden alle pädagogisch Tätigen in verschiedenen deutschen Regionen aus den Segmenten Elementar-, Primar-, Sekundar-, Weiter-, Hochschul-, und außerschulischer Jugendbildung. Rücklaufquote 28,2%, Stichprobenumfang n=1.601.
    2. Ein empirisches Forschungsprojekt gliedert sich in zwölf Schritte:
      1. Klärung des Entdeckungs- und Verwertungszusammenhangs
      2. Entscheidung über das Forschungsdesign
      3. Präzisierung der Forschungsfrage und dimensionale Analyse
      4. Hypothesenbildung
      5. Auswahl der Indikatoren und Operationalisierung
      6. Auswahl eines geeigneten Erhebungsinstruments
      7. Festlegung der Untersuchungsobjekte
      8. Entwicklung des Erhebungsinstruments
      9. Vorbereitung der Dateneingabe
      10. Datenauswertung
      11. Interpretation der Befunde
      12. Dokumentation des Forschungsprozesses
    3. Ein Forschungsthema kann sich aus einem bestehenden Forschungsprojekt an einer Hochschule oder anderen Forschungseinrichtung ableiten, aus dem Zusammenhang eines Unternehmens oder aus eigenen Ideen und Fragestellungen.
    4. Bei der Planung des Forschungsdesigns muss geklärt werden, ob primäre (selbst erhobene ) oder sekundäre (bereits vorliegende) statistische Daten verwendet werden sollen. Die Vorgehensweise kann quantitativ oder qualitativ sein. Das quantitative Vorgehen zielt darauf ab, in der Realität vorliegende Strukturen und Gesetzmäßigkeiten aufzudecken. Qualitative Forschung geht davon aus, dass gesellschaftliche Strukturen durch Menschen ständig erzeugt, aufrechterhalten und verändert werden. Falls keine Totalerhebung geplant ist, muss ein Stichprobenplan erstellt werden. Primärstatistische Daten im quantitativen Forschungsprozess können durch Experiment, Beobachtung und Befragung erhoben werden. Bei der Beobachtung werden teilnehmende, bei der Forscher*innen mit der Versuchsgruppe interagieren, und nicht-teilnehmende Beobachung unterschieden. Befragungen können mündlich oder schriftlich, offen oder standardisiert durchgeführt werden. Bei offenen Befragungen müssen die Antworten anschließend klassifiziert werden.
    5. Das Forschungsprojekt muss finanziell und zeitlich gemanagt werden.
    6. Eine übergeordnete Fragestellung muss präzisiert werden. Dazu müssen die der Frage zugrunde liegenden Konstrukte präzisiert und Variablen gefunden werden, die verschiedene messbare Ausprägungen annehmen können. Variablen können dichotom, polytom, diskret oder stetig sein. Darauf aufbauend wird die Untersuchungyhypothese formuliert, die durch die empirische Überprüfung bestätigt oder falsifiziert werden soll. Eine dimensionale Analyse gruppiert verschiedene Merkmale der Forschungsfrage, z.B. finanzielle Aspekte (Bezahlung, Sozialleistungen, Boni), soziale Aspekte (Hierarchie, Umgang mit älteren Kolleg*innen, Feedback), kommunikative Aspekte (Informationsfluss, Zugriffsrechte, Erreichbarkeit) oder individuelle Merkmale (Alter, Geschlecht, Geburtsort). Die einzelnen Untersuchungsdimensionen werden durch Indikatoren (Variablen) messbar beschrieben und damit statistisch erfassbar gemacht. Die Indikatoren müssen geeignet sein, einen direkten empirischen Bezug aufweisen, d.h. nicht weiter aufschlüsselungsbedürftig sein, empirisch direkt beobachtbar sein und der Indikator muss überhaupt direkt fassbar sein. Es muss ein passendes Messinstrument für die Ausprägungen der Indikatoren ausgewählt bzw. entwickelt werden und das Skalenniveau der Messung muss bestimmt werden. Kategoriale Skalen sind die Nominalskala und die Ordinalskala. Metrische Skalen sind die Intervallskala und die Verhältnisskala. Je nach Skalenniveau sind verschiedene statistische Analysen möglich. Die Indikatoren und ihre Ausprägungen sind valide, wenn sie das erfassen, was erfasst werden soll. Die Messung ist zuverlässig (reliabel), wenn bei einer Wiederholung durch andere Forscher*innen die gleichen Ergebnisse erzeugt werden können.
    7. Die Grundgesamtheit ist die Gesamtheit aller Merkmalsträger. Ist die Grundgesamtheit sehr groß, wird eine Teilerhebung bei einer Stichprobe durchgeführt. Eine Stichprobe kann ohne Zufallseinfluss als willkürliche oder bewusste Auswahl gezogen werden. Bei der willkürlichen Auswahl ist die Auswahl im Nachhinein nicht nachvollziehbar (Passanten in der Fußgängerzone). Bei der bewussten Auswahl kann eine Quotenauswahl getroffen werden oder es werden typische Fälle ausgewählt. Bei der zufälligen Auswahl hat jedes Elemt die gleiche Chance gewählt zu werden. Eine zufällige Stichprobe mit mindestens 30 Elementen führt zu repräsentativen Ergebnissen – allerdings nicht für beliebige Teilpopulationen. Bei geschichteten Stichproben wird die Grundgesamtheit zunächst anhand bestimmter Merkmale in homogene Schichten unterteilt und dann aus jeder Schicht eine Zufallsauswahl getroffen. Dies erhöht die Genauigkeit der Ergebnisse. Bei der Klumpen(cluster)auswahl werden zufällig Teilgesamtheiten ausgewählt (Stadteil, Straßenzug, Wahlbezirk). Eine Stichprobe ist repräsentativ, wenn sie Strukturen der Grundgesamtheit realitätsgetreu abbildet. Die Repräsentativität reiner Zufallsstichproben lässt sich wahrscheinlichkeitsstatistisch absichern.
    8. In einem standardisierten Fragebogen müssen die Antwortvorgaben das Spektrum möglicher Antworten abdecken und sich gegenseitig ausschließen. Falsche oder fehlende Antworten können durch die Antwortmöglichkeit „weiß nicht“, „unentschieden“ o.ä. vermieden werden.
    9. Den möglichen Ausprägungen und auch dem Fehlen einer Antwort bei den einzelnen Variablen werden zur Auswertung Zahlen zugeordnet (codiert). Die Codierung muss schriftlich festgehalten werden.

  • Modul 2A1 LE 1

    1. Empirische Bildungsforschung untersucht die Bildungsrealität. Sie liefert rationale Begründungen für bildungspolitische Entscheidungen und geht dabei interdisziplinär mit empirischen Forschungsmethoden vor. Bekannte Studien sind PISA und TIMSS. Die Studien haben große Unterschiede zwischen den Bundesländern und die soziale Selektivität des deutschen Bildungssystems offengelegt. Empirische Bildungsforschung ist seit der Jahrtausendwende an den deutschen Universitäten etabliert. Sie versteht sich zunehmend als eigenständige Disziplin.
    2. Die Bildungsforschung untersucht alle Lebensbereiche, in denen Bildungsprozesse stattfinden, dazu zählen öffentlich organisierte Settings und der nicht öffentlich organisierte Bereich. Innerhalb der Lebensspanne werden vorschulische Bildung, schulische Bildung, Hochschulbildung und außerschulische Bildung bzw. Weiterbildung betrachtet.
    3. Empirische Forschungsergebnisse können nur auf der Basis von Methodenwissen sinnvoll genutzt werden. Empirische Sozialforschung ist die „Gesamtheit von Methoden, Techniken und Instrumenten zur wissenschaftlich korrekten Durchführung von Untersuchungen des menschlichen Verhaltens“ (Häder, 2015 zit nach SB 1, S. 35). Methoden sind Systeme von Handlungsanweisungen und Regeln. Techniken sind konrekte Ausgestaltungen von Methoden. Methodologie ist die metawissenschaftliche Erörterung der sozialwissenschaftlichen Praxis. Eine Theorie ist ein System widerspruchfreier Aussagen zur Erklärung der Wirklichkeit. Empirie ist Wissen, das auf systematischen Erfahrungen und theoretischen Modellen beruht. Mithilfe sozialwissenschaftlicher Methoden gewonnene Informationen sind Daten. Sie können mit Zahlen (quantitativ) oder verbal (qualitativ) beschrieben werden. Variablen sind Merkmalen von Objekten, die verschiedene Ausprägungen annehmen können.
    4. Quantitative und qualitative Forschung benötigen unterschiedliche Forschungsdesigns.
    5. Quantitative Forschung folgt meist einer linearen Strategie, während qualitative Forschung meist zirkulär angelegt ist. Qualitative Methoden werden eingesetzt um komplexe soziale Phänomene zu untersuchen. Ziel ist die Rekonstruktion von Zusammenhängen. Dabei werden Befragung, Beobachtung und Analysen von Texten oder Bildern eingesetzt. Etablierte Forschungsansätze sind Biografieforschung, Fallstudien, Ethnografie, Grounded Theory und Evaluationsforschung. Quantitative Forschung sucht nach Kausalbeziehungen zwischen Variablen. Ziel ist die Bestätigung theoretischer Annahmen. Voraussetzung dafür sind spezifische Forschungsfragen, ein systematischer Forschungsprozess und die Replikation der Befunde. Dabei müssen die Gütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität eingehalten werden. Als Forschungsdesigns werden ex-post-facto-Untersuchungen und Experimentelle Forschung unterschieden. Die Datenerhebung erfolgt durch Umfragen, Querschnitt-, Längsschnitt- oder Zeitwandelstudien. Die Daten werden mit statistischen Verfahren ausgewertet. Deskriptive Statistik beschreibt die Daten selbst. Prüfstatistiken geben die Wahrscheinlichkeit an, dass der statistische Wert einer Stichprobe für eine bestimmte Population repräsentativ ist. Die Methodentriangulation integiert qualitative und quantitave Methoden.
    6. Gütekriterien einer Messung sind Objektivität, Validität und Reliabilität. Objektivität ist gegeben, wenn die Messung unabhängig von der durchführenden Person zum selben Ergebnis kommt. Dabei werden Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität unterschieden. Reliablität liegt vor, wenn bei einer Wiederholung unter gleichen Bedingungen die gleichen Ergebnisse erzielt werden. Validität ist gegeben, wenn das Messinstrument das misst, was es messen soll. Interne Validität liegt vor, wenn eine eindeutige Interpretation der Ergebnisse möglich ist, d.h. es sind keine Alternativerklärungen denkbar. Äußere Validität liegt vor, wenn die Ergebnisse generalisierbar sind. Interne und Äußere Validität müssen in Ausgleich gebracht werden. Unterschieden werden Inhaltsvalidität, Kriteriumsvalidität und Konstruktvalidität. Daneben existieren Nebengütekriterien wie Wirtschaftlichkeit, Nützlichkeit oder Vergleichbarkeit.
    7. Ein Fragebogen ist ein wissenschafltiches Instrument, das Personen zu Aussagen motivieren soll, mit dem Ziel, einen Sachverhalt systematisch zu erfassen. Ein Fragebogen dient in der Regel zur Erforschung von Einschätzungen oder Einstellungen. Dabei werden offene, halboffene und geschlossene Fragen unterschieden. Fragen müssen passend formuliert sein und von den Befragten verstanden werden.
    8. Fragebögen müssen vor ihrem Einsatz mithilfe von Pretests evaluiert werden. Die kann durch Beobachtung geschehen (Standardbeobachtungspretest), indem der Fragebogen unter echten Testbedinungen einer Quotenstichprobe vorgelegt und deren Verhalten beobachtet wird. Daneben werden kognitive Pretesttechniken eingesetzt, dazu zählen Think aloud, Paraphrasing, Sorting und Probing.
    9. Studien wie TIMSS und PISA werden vielfach kritisiert. Diese Kritik wird teilweise an die empirische Bildungsforschung insgesamt gerichtet. Empirische Bildungsforscher wünschen sich einen argumentativen Diskurs. Kritik wird häufig im Feuilleton platziert und erreicht nicht das Niveaus eines fachlichen Diskurses. Es werden Stellvertreter-Debatten geführt, hinter denen sich normative Fragen verbergen.
    10. Empirische Bildungsforschung ignoriert die Erkenntnisse der erziehungswissenschaftlichen Genderforschung. Geschlecht wird häufig als Differenzkategorie wahrgenmommen. Die Frage nach dem Geschlecht wird bei der Fragebogenkonstruktion kaum hinterfragt. Werden mehr als zwei Antwortmöglichkeiten vorgesehen, werden andere Antworten als weiblich und männlich aufgrund geringer Fallzahlen bei der Auswertung statistisch übergangen bzw. bringen keine signifikanten Ergebnisse hervor. Dies widerspricht dem Anspruch der Erklärung der Realität. Ein Ausweg kann die Frage nach „typischen“ Eigenschaften anstelle der Frage nach dem Geschlecht sein.
  • Modul 1C LE1 SB4

    1. Weiterbildung ist in Deutschland kaum formalisiert oder normiert.
    2. Weiterbildung ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme (organisierten) Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase (vgl. KMK-Definition aus dem Jahr 2001). Sie lässt sich nach der deutschen Tradition in allgemeine und beruflich-betriebliche Weiterbildung untergliedern – dabei geht es bei betrieblicher Weiterbildung um Kompetenzen zur Bewältigung betrieblicher Anforderungen, bei beruflicher Weiterbildung um eine individuelle Statusverbesserung . International ist eher eine Unterteilung nach formalem, nicht-formalem und informellem Lernen in Gebrauch, wobei formale Weiterbildung in einem organisierten und strukturierten Kontext stattfindet und zum Erwerb einer formalen Qualifikation führt, während nicht-formale Weiterbildungen ebenfalls planvoll und mit einem bestimmten Bildungsziel stattfinden. Informelle Weiterbildungen sind dagegen ungeplant und unorganisiert.
    3. In Deutschland gilt Weiterbildung seit den 1970er Jahren als eigenständiger , quartiärer Teil des Bildungssystems. Aufgekommen war die Idee der Weiterbildung Anfang des 20. Jahrhunderts und zunächst eher sozialpolitisch motiviert – sowohl im Sinne einer Emanzipation von Arbeitern als auch im Sinne einer engeren Bindung der Arbeiter an die Betriebe. Nach 1945 legten zunächst Wiederaufbau und Wirtschaftsaufbau, später Rationalisierung und Automatisierung Defizite offen, die durch Weiterbildung behoben werden sollten. Die Einführung prozessorientierter Betriebsführung Ende des 20. Jahrhunderts veränderte den Bedarf und die Formen der Weiterbildung. Seit den 2000er Jahren ist das Konzept des lebenslangen Lernens eine politische Leitlinie, Weiterbildung wird nun als (auch) staatliche Aufgabe angesehen. Die Corona-Pandemie hat mangelnde Kompetenzen im Umgang mit digitalen Prozessen offengelegt und ist zugleich Ursache für einen Innovationsschub an digitalen Weiterbildungsformen.
    4. Für die berufliche Fortbildung bietet das BBiG den Rechtsrahmen für verschiedene Fortbildungsstufen, die den Ebenen 5,6, und 7 des DQR entsprechen. Fortbildungsordnungen regeln Form, Inhalte und Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfungen. Sie werden unter Mitwirkung der Sozialpartner im Konsensprinzip erlassen. Die Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen durch die BA ist im SGB III geregelt. Soweit Fachschulen Weiterbildungen durchführen, bilden die Schulgesetze der Länder die Rechtsgrundlage. Auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können Regelungen zur Finanzierung und Durchführung von Weiterbildung enthalten. Weiterbildung finanziert sich durch die Teilnehmer selbst, die Betriebe und durch staatliche Förderung. Nachfrageförderung hat dabei die Angebotsförderung abgelöst. Das politische Ziel der Verringerung sozialer Ungleichheit wird dadurch häufig konterkariert.
    5. Zur Erforschung der Wirkung von Weiterbildung werden die AES (Adult Education Survey) und die NEPS (National Educational Panel Survey) genutzt. AES bildet Umfang und Struktur der Weiterbildungsbeteiligung ab, zeigt Querschnitte und Trends auf. NEPS betrachtet Bildungsprozesse über die gesamte Lebensspanne im Längsschnitt. Die Vergleichbarkeit der Studienergebnisse leidet an unterschiedlichen Definitionen der betrachteten Weiterbildungsbereiche. Weitere Daten liefern der Datenreport zum Berufsbildungsbericht, die CVTS (Continuing Vocational Training Survey) und das IAB-Betriebspanel. Die Beteiligung an formaler beruflicher Weiterbildung geht seit 1990 kontinuierlich zurück. Die Beteiligung an non-formaler Weiterbildung steigt seit 1990 kontinuiertlich an. Als Prädikatoren zeigen sich der individuelle (allgemeine) Bildungshintergrund, berufliche Qualifikation, Betriebsgröße und Branche. Zur informellen Weiterbildung fehlen Daten. Verschiedene Theorieansätze versuchen die ungleiche Weiterbildungsbeteiligung zu erklären.
    6. Weiterbildungsberatung ist eine neue Form staatlicher Aktivität im Bildungsbereich. Informell erworbene Kompetenzen sollen stärkere Anerkennung erfahren. Dazu wurden der Profilpass und das Validierungsverfahren Valikom entwickelt. Die Nationale Weiterbildungsstrategie aus dem Jahr 2019 beschreibt vornehmlich die Ausgangslage und nennt zehn Handlungsziele.
    7. Weder staatliche Steuerung noch marktwirtschaftliche Orientierung haben Weiterbildung erfolgreich strukturiert. Die Teilnahme an Weiterbildung ist stark sozial selektiv.
  • Metablogpost

    Mal ein bisschen Meta anhand der Fragen von hier.

    1. Warum hast Du ursprünglich mit dem Bloggen angefangen?Weil Kellerkind mir ein Blog angelegt hat. Das war damals unter der Adresse blogs23.nu/poupou erreichbar und hieß ‚“Madame Poupous geheimes Laboratorium“, das muss 2006 gewesen sein. Und dann habe ich einfach mal angefangen, da irgendwas reinzuschreiben.
    2. Welche Plattform nutzt Du für Deinen Blog und warum hast Du Dich dafür entschieden?
      Seit kurzem WordPress, davor Blogger. Für WordPress hat sich southpark entschieden und hat es mir eingerichtet. Blogger hatte ich selbst eingerichtet, als das alte Antville-Blog anfing unbequem zu werden. Blogger war damals neu, chic und funktional. Inzwischen ist es unbequem geworden, daher der Wechsel und generelles Milliardärsmisstrauen – jetzt eigener Webspace, den ich für vertrauenswürdig halte – aber das dachte ich bei Kellerkinds Kumpel damals auch, we will see.
    3. Hast Du schon auf anderen Plattformen gebloggt?
      siehe Frage 2
    4. Wie schreibst Du Deine Blogposts? Nutzt Du ein lokales Bearbeitungstool oder eine Panel/Dashboard-Funktion Deines Blogs?
      Ich nutze das Dashboard und schreibe am Laptop. Bilder integriere ich meist via Handy, weil ich dann keinen extra Transfer der Bilder durchführen muss.
    5. Wann fühlst Du Dich am meisten inspiriert zu schreiben?
      Inspiriert dauernd, aber es kommt dann trotzdem nicht immer dazu.
    6. Veröffentlichst Du Deine Texte sofort oder lässt Du sie erst eine Weile als Entwurf liegen?
      Ich veröffentliche sofort und nehme ggf. noch Änderungen vor.
    7. Über welche Themen schreibst Du generell?
      Gemischtwarenblog trifft es immer noch. Was ich halt so mache, was mich interessiert, was ich mir merken will, worüber ich meine Meinung kondensieren oder festhalten möchte.
    8. Für wen schreibst Du?
      Für mich. Vor einiger Zeit hat mich beschäftigt, dass manche Bloggerinnen ihre Leser*innen duzen andere dagegen Siezen, darüber fiel mir dann auf, dass es generell eher rhetorische Blogs gibt, die sich an ein Publikum richten und die bloggen, als stünden sie in speaker’s corner, garniert mit rhetorischen Floskeln wie „und da werden Sie sich jetzt fragen, ob“ oder „das verstehen Sie jetzt vielleicht nicht, aber“ – und andererseits gibt es Blogs, die funktionieren wie Selbstgespräche und es ist eigentlich egal, ob das jemand liest oder nicht. Mein Blog ist eher Selbstgespräch mit gelegentlichen Ausnahmen.
    9. Was ist Dein Lieblingsbeitrag auf Deinem Blog?
      Sauerteigbrot.
    10. Hast Du schon Blogpausen eingelegt oder Blogs ganz aufgegeben?
      Viele Pausen, nie aufgegeben.
    11. Was empfiehlst Du Menschen, die mit dem Bloggen anfangen wollen?
      Probier es aus.
    12. Hast Du Zukunftspläne für Deinen Blog? Vielleicht ein Redesign, ein Wechsel der Plattform oder neue Features?
      Nach dem Plattformwechsel noch ein paar alte Beiträge republizieren, damit sie nicht komplett verloren gehen.

  • Modul 1C LE 1 SB6

    1. Investitionen in Humankapital aka Bildungsinvestitionen beeinflussen im Modell die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes positiv. Der Nachweis ist schwierig. Merkmale der Bildungssysteme von Entwicklungsländern und ökonomisch erfolgreichen Länern unterscheiden sich oft kaum.
    2. Eine vorausschauende Steuerung von Arbeitsmarktnachfrage und -angebot scheitert am Fehlen tauglicher Prognoseinstrumente. Der Arbeitsmarkt erweist sich als sowohl elastischer als auch als dynamischer als gedacht, Bildungsplanung dagegen als realitätsfern und abstrakt. In jeder Gesellschaft bestehen stabile Wechselwirkungen zwischen Bildungsorganisation, Arbeitsmarktstrukturen und Beschäftigungsformen mit hohem Beharrungsvermögen. Das deutsche Bildungssystems hät trotz der bekannten Nachteile in Form von Übergangsproblemen an Verteilungsstellen und Stratifizierung an der auf Standardisierung und Beruflichkeit orientierten Struktur fest.
    3. Beruf im Sinne der Berufung ist Tätigkeitsbereich und sozialer Status einer Person in der Gesellschaft. Beruf bedeutet eine „auf Dauer angelegte, fachlich spezialisierte und an entsprechende Qualifikationsvoraussetzungen gebundene Erwerbstätigkeit mit spezifischen Orientierungs- und Wertvorstellungen [], die in aller Regel auch die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Erwerbstätigen bilden“ (Max Weber, zit nach LE 1 SB 6, S. 27). Berufe stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander. Das spezifisch deutsche Berufsverständnis prägte auch die Entwicklung des typisch deutschen „Facharbeiters“ als Sozialfigur mit eigenem Berufsbewusstsein, deren Zugang über geordnete Ausbildungsgänge und den Nachweis von Zertifikaten gesteuert wird. Die deutsche Berufskultur kommt mit einer geringen Zahl an Hierarchieebenen aus und weist auch den unteren Organisationsebenen ein hohes Maß an Verantwortung zu. Unter den Schlagworten Flexibilität, Schlüsselqualifikation und (subjektiv verstandener) Kompetenz gab und gibt es Bestrebungen, die unzureichende Bedarfsplanung zu kompensieren. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist die Ausrichtung an (objektiven und zweckorientierten) Qualifikationen und Zertifikaten jedoch ungebrochen.
    4. Angebot und Nachfrage nach Arbeit kommen auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Es handelt sich nicht um einen rationalen Gütermarkt. Vielmehr ist der Arbeitsmarkt von Unregelmäßigkeiten, Ungleichheiten und Diskrepanzen geprägt, die die handelnden Akteure beeinflussen. Das Konzept der Arbeitsmarktsegmentation geht daher von zwei bis drei Teilarbeitsmärkten aus. In Deutschland lassen sich drei solche Teilarbeitsmärkte unterscheiden. Der offene, externe oder unstrukturierte Arbeitsmarkt stellt keine oder kaum spezifische Qualifikationsanforderungen und geht mit geringer Betriebsbindung und häufigem Arbeitsplatzwechsel einher. In diesem Teilarbeitsmarkt arbeiten mehrheitlich Personen mit Migrationshintergrund, Frauen und Personen ohne Berufsausbildung. Der berufsfachliche Teilarbeitsmarkt ist nur mit einem Qualifikationsnachweis zugänglich. Es besteht eine starke Bindung an den Beruf, nicht aber an den Betrieb, zwischenbetriebliche Mobilität ist hoch, Aufstiegschancen gering. Der betriebsinterne Arbeitsmarkt ist dagegen nur Personen zugänglich, die bereits in einem Betrieb tätig sind. Es findet eine betriebsspezifische (Weiter-)Qualifizierung statt, Aufstiegsschancen werden durch Betriebsbindung, Loyalität und Leistungsbereitschaft belohnt. Mobilität verläuft vertikal innerhalb des Betriebes.
    5. Fast die Hälfte der Beschäftigten sind Frauen. Frauen verlassen die Schule jünger und mit besseren und höheren Abschlüssen. Es gelingt Frauen deutlich seltener, einen Ausbildungsplatz im dualen System zu erhalten. Innerhalb des dualen Systems finden Frauen mehrheitlich nur in 10 von über 300 Berufen einen Ausbildungsplatz. Es findet eine geschlechtsspezifische Segregation statt. Frauen geraten dadurch häufig in das Schulberufssystem mit seiner Ausrichtung auf soziale und Gesundheitsberufe. Geschlechterdisparität reproduziert sich, indem Annahmen über den Lebenszusammenhang der Frauen dafür sorgen, dass deren Einsatz in einer Weise erfolgt, die den Lebenszusammenhang von Frauen erhalten.
    6. Mitte des 20. Jahrhunderts ging man von einem standardisierten Normallebenslauf aus. Inzwischen gibt es Hinweise auf eine zunehmende Destandardisierung. Zwei Übertrittsschwellen sind am Übergang vom allgemeinen Schulsystem in das Berufsbildungssystem und beim Übergang vom Berufsbildungssystem in das Beschäftigungssystem zu beobachten. Die erfolgreiche Bewältigung beider Schwellen macht einen positiven weiteren Verlauf sehr wahrscheinlich. Bildungsexpansion hebt die allgemeinen Mindestvoraussetzungen an und entwertet diese zugleich. Für diejenigen, die die Mindestvoraussetzungen nicht erreichbar sind, werden die Schwellen unüberwindbar. Weiterbildung ist häufig betriebsbezogen und nicht generell und eignet sich damit nicht zur Überwindung von Chancenungleichheit.
    7. Das deutsche Berufskonzept steht in der Kritik. Ein gegensätzliches Prinzip ist das japanische Betriebskonzept. Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile, der kulturelle Kontext verhindert den Transfer einzelner positiver Elemente von einem System in das andere.

  • Berlin, Boulez Saal: ROBERTA MAMELI, MARGRET KOELL & MICHELE PASOTTI, Amor, io parto.

    Mein erster Besuch des Boulez-Saals. Bei der Eröffnung war ich neugierig, hatte dann auch bald eine Karte für ein Event einer Berliner in Kulturdingen relevanten Kanzlei – und dann spontan keine Lust hinzugehen wegen beruflicher Verbandelungen. Und anschließend den Saal aus der inneren Liste von Orten, die ich im Blick habe, gelöscht.

    Das war ein Fehler und gut, dass ich nach fünf Jahren Abklingbecken nun problemlos dorthin gehen kann. Ein Probramm mit italienischem Frühbarock von Caccini, Strozzi, Rossi und anderen. Die Karten sind ein Weihnachtsgeschenk von H.

    Der Saal hat eine herausragende Akustik und wie im Amphitheater schaut man von oben auf Roberta Mameli, Margret Koell und Michele Pasotti in der Mitte des Ovals. Nach der Pause ist die Ausrichtung der Musiker*innen um 180 Grad gedreht – so sehe ich die Theorbe auch mal von vorne – für den Klang hätte es das nicht einmal gebraucht.

    Die Musik ist ein Trip down memory lane. Über Caccinis Orfeo habe ich mal ein Seminar besucht und über Peris Euridice eine Seminararbeit geschrieben – damals galt Caccini noch als Erfinder der Operngattung, heute wird er, wie ich dem Programmheft entnehme, von der Musikwissenschaft eher als früher Operninfluencer gesehen. Correlis Sonate Opus 5 Nr. 8 habe ich bei der Beerdigung meiner Großmutter selbst gespielt und seither oft angehört.

    Das nicht als feste Formation zusammen musizierende Trio hat sich Musik ausgesucht, die das Anliegen des Barock, Gefühle zum Ausdruck zu bringen und damit das Regelkorsett des Kontrapunktes hinter sich zu lassen, zum Glänzen bringt. Kurz davor las ich eine Einschätzung, Text-KI sei tendenziell linkslastig, Bild-KI dagegen rechtslastig – das liege daran, dass Texte eher regel- und faktenorientiert und Bilder eher emotional aufgeladen seien. Vielleicht ist das falsch – aber Renaissance als eher Text und Barock als eher Bild würde ich sofort auch unterschreiben. Die Tür zur Romantik ist jedenfalls schon einen Spalt weit aufgestoßen.

    Als die Zugabe angespielt wird, klingt aus dem wirklich erfreulich nerdigen Publikum nach den ersten Takten ein kollektiver Seufzer. Auch im Fortgehen klingt die Arie noch durch die französische Straße. Hach!

  • Modul 1C LE 1 SB5

    1. Berufsbildungspolitik beschäftigt sich thematisch mit den Teilbereichen beruflicher Bildung: Berufsausbildungsvorbereitung, Berufsausbildung und berufliche Weiterbildung. Diese Teilbereiche strukturieren auch das Berufsbildungsgesetz. Politisches Handeln konzentriert sich auf quantitative, qualitative und Strukturmaßnahmen. Theoretische Perspektiven befassen sich staatstheoretisch mit Berufsbildungspolitik als Mittel staatlicher Bestandserhaltung, neokorporatistisch mit der Selbstbeschränkung des Staates und der Delegation von Verantwortung an Interessengruppen und als akteurzentrierter Institutionalismus mit dem Wechselverhältnis von Strukturen und handelnden Akteuren.
    2. Aus dem Grundrechtekatalog und der Sozialstaatsklausel in Art. 20 Abs. 1 GG leitet sich die Verpflichtung des Staates ab, ein Bildungssystem vorzuhalten, das dem einzelnen gleichen Zugang zu Bildung und Entfaltung seiner Persöhnlichkeit gewährleistet und Benachteiligungen ausgleicht. Dabei verteilt sich die Zuständigkeit für das berufliche Schulwesen auf die Länder (abgeleitet aus Art. 30, 70 GG) und für die betriebliche Ausbilgung auf den Bund (abgeleitet aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11-13 GG). Einige Länderverfassungen sehen darüberhinaus ein explizites „Recht auf Bildung“ vor.
    3. Rechtsgrundlagen für die betriebliche Ausbildung sind das Berufsbildungsgesetz BBiG und die Handwerksordnung. Seit den 1960er Jahren wird berufliche Bildung als öffentliche Aufgabe angesehen und seit 1969 umfassend gesetzlich geregelt. Wesentliche Prinzipien sind das Duale Prinzip, das Berufsprinzip und das Konsensprinzip. Mit dem Beruf verbinden sich neben einem Bündel an Qualifikationen auch die Vermarktbarkeit der eigenen Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt sowie der soziale Status und die persönliche Identität. Dualität steht für ein „System der gleichzeitigen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule“. Kritiker weden ein, dass die Ausbildung weder systematisch noch gleichzeitig abläuft und sich nicht auf zwei Lernorte beschränkt. Das korporatistische Arrangement der Erarbeitung von Ausbildungsordnungen erfordert jeweils den Konsens der Beteiligten Interessengruppen.
    4. Das BBiG regelt die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung und die berufliche Fortbildung bzw. Umschulung. Das BBiG gibt Mindestinhalte für Ausbildungsordnungen vor, die ihrerseits die Mindeststandards der betrieblichen Ausbildung festlegen. Die Ausbildung muss durch geeignete Ausbilder*innen erfolgen. Die Kammern überwachen die Durchführung der Ausbildungen. Prüfungen müssen den Anforderungen des BBiG entsprechen. Nach dem BBiG sind diverse Institutionen und Ausschüsse zu bilden. Wichtiges Gremium ist dabei der Hauptausschuss des Bundesinstitut für Berufsbildung. Rahmenlehrpläne für die Berufsschulen werden durch die KMK-B einstimmig beschlossen und von den Ländern ratifiziert.
    5. Das Ausbildungsverhältni ist ein Arbeitsverhältnis sui generis. Die Vertragsfreiheit ist zum Schutz der Auszubildenden erheblich eingeschränkt (Schriftformerfordernis, Mindestinhalte, Unabdingbarkeit), §§10ff BBiG.
    6. Die Interessen von jugendlichen Arbeitnehmer*innen unter 18 Jahren und von Auszubildenden unter 25 Jahren vertritt in Betrieben mit fünf und mehr Jugendlichen und Asuzubildenden die Jugend- und Auszubildendenvertretung. Sie vertritt die Belange der Jugendlichen und Auszubildenden gegenüber dem Betriebsrat. Der Betriebsrat vertritt deren Belange gegenüber dem Arbeitgeber.
    7. Akteure der Berufsbildungspolitik sind Bund, Länder, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kammern. Kontroversen betreffen Umlagefinanzierung versus einzelbetriebliche Finanzierung, Einführung zweijähriger Ausbildungsberufe, Modularisierung von Ausbildungsgängen, gesetzliche Regelungen zur Weiterbildung und zum dualen Studium. Konsens zwischen den Akteuren besteht beim Ziel, die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu erhöhen.

  • Stratifizierung des Bildungssystems

    Da es dazu Nachfragen gab, als Ergänzung noch ein bisschen Begriffsgeschichte: Stratifizierung (oder auch Stratifikation) leitet sich ab von lat. „stratum“ (Schicht) und lat. „facere“ (machen). Wörtlich ist Stratifizierung also die Erzeugung von Schichten bzw. Schichtungen bzw. ein Zustand der Schichtung.

    Bildlich gesprochen sind damit so etwas wie Kohleflöze gemeint, die sich waagerecht ausdehnen und übereinanderliegen bzw. durch dazwischenliegende Erdschichten voneinander getrennt werden. Als soziale Stratifikation bezeichnet man die Einteilung der Gesellschaft in verschiedene Schichten, die in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen (Unterschicht, Mittelschicht, Oberschicht etc.)

    Übertragen auf das Bildungssystem bedeutet dies, dass es niedrigere und höhere Bildungswege gibt, die von einander getrennt verlaufen und zwischen denen kaum Durchlässigkeit besteht.

    Beim Nachdenken darüber fiel mir auf, dass ich in meiner Vorstellung des Bildungssystems entscheidend durch die in Baden-Württemberg in meiner Schulzeit in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts üblichen graphischen Darstellungen der möglichen Bildungswege geprägt wurde, die den Bildungsweg durchweg als Weg von unten nach oben (Ziel in der Regel Studienabschluss, Promotion) darstellten und eben nicht als Seitwärtsbewegung durch Kohleflöze (vgl. auch diese Darstellung des gesamtdeutschen Bildungssystems). Es ist tatsächlich eine Besonderheit des Bildungssystems in Ba-Wü schon relativ früh Durchlässigkeit der Bildungswege und Kreuzungsmöglichkeiten vorgesehen zu haben (u.a. durch Einführung beruflicher Gymnasien ab Sekundarstufe 2) und beispielsweise in Form der Berufsakademien Hochschulstudium und betriebliche Ausbildung miteinander verknüpft zu haben.

  • Modul 1 C LE 1 SB3

    1. Das deutsche Bildungssystem ist hochgradig stratifiziert, dies zeigt sich beim Übergang in die Sekundarstufe I und deren Ausdifferenzierung, aber auch generell an allen Schwellen des Übergangs: in die Sekundarstufe II, den Hochschulbereich und in das Beschäftigungssystem. Es findet eine frühe Vorsortierung und eine Verengung des Zugangs durch geforderte Zugangsberechtigungen statt. Das Berufsbildungssystem gliedert sich in die Sektoren duales System, Schulberufssystem und Übergangsbereich. Das duale System ist innerhalb des Berufsbildungssystems dominierend. Es beginnen jedoch inzwischen jedes Jahr etwa gleich viele Personen eine duale Ausbildung wie ein Hochschulstudium. Zwischen verschiedenen Ausbildungsberufen besteht eine informelle Hierarchie entsprechend ihrer Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. Fachliche Qualifizierung ist in Deutschland hochgradig standardisiert und wird im Prinzip der Beruflichkeit verkörpert und mit Zertifikaten belegt. Das duale System bring Facharbeiter*innen, Fachkräfte und Gesell*innen hervor. Die Bezeichnung dual ist dabei irreführend – weder beschränkt sich die Berufsausbildung auf zwei Lernorte noch geschieht sie tatsächlich systematisch. Der Berufsschulunterricht ist nicht per se praxisfern und die betriebliche Ausbildung verläuft nicht theorielos. Auszubildende sind in zwei Rechtsverhältnisse eingebunden: als Berufsschüler*innen in ein öffentlich-rechtliches Berufsschulsystem, als Vertragspartei eines privatrechtlichen Ausbildungsvertrages in den Ausbildungsbetrieb. Korporatismus sichert die Kompromissfindung zwischen staatlichen Interessen und denen der Arbeitgeber und Gewerkschaften.
    2. International handelt es sich bei dem dualen System um einen Sonderweg der deutschsprachigen Länder. Ein Export des dualen Systems in andere Länder ist bislang stets an der Inkompatibilität zu den historischen, kulturellen und institutionellen Rahmenbedinungen anderer Länder gescheitert.
    3. Die Zahl der Ausbildungsplätze innerhalb des dualen Systems ist marktwirtschaftlichen Schwankungen von Angebot und Nachfrage unterworfen. Darauf wirken neben demographischen Entwicklungen auch Faktoren wie Konjunktur, Passungsprobleme, regional ungleiche Verteilung und Rentabilitätsüberlegungen der Ausbildungsbetriebe ein. Als paradoxe Folge der Bildungsexpansion sind höhere Bildungsabschlüsse als Zugangsberechtigung zu Ausbildungsberufen zugleich wichtiger und wertloser geworden. Die Verwertbarkeit von Bildungsabschlüssen und Zertifikaten ist zunehmend unsicher und unkalkulierbar.
    4. Berufliche Vollzeitschulen haben neben in Deutschland ebenfalls eine lange Tradition. Heute zählen dazu Berufsfachschule, Fachoberschule, berufliches Gymnasium/Fachgymnasium, Berufsoberschule, Fachschule und weitere länderspezifische Schularten. Organisatorisch sind diese häufig unter dem einheitlichen Dach einer beruflichen Schule zusammengefasst. Berufliche Vollzeitschulen dienen der Berufsqualifikation in einem Ausbildungs- oder Schulberuf, der Berufsvorbereitung oder -orientierung, dem Erwerb von Berechtigungen (höherer allgemeinbildender Schulabschluss, bzw. Doppelqualifikation) aber auch der Aufbewahrung oder Warteschleife angesichts fehlender passender Ausbildungsplätze. Aufgrund der ausschließlichen Länderkompetenz ist das Segment der beruflichen Vollzeitschulen zersplittert und national wenig standardisiert (anders als in Österreich und der Schweiz). Berufsfachschulen bilden insbesondere im kaufmännischen, hauswirtschaftlichen, sozialpflegerischen und künsterlischen, sowie im Bereich der bundesrechtlich geregelten Berufe des Gesundheitswesens aus. Frauen sind in den Berufsfachschulen stark überrepräsentiert.
    5. In Deutschland konkurrieren das duale System und das Hochschulsystem als dominante Berufsausbildungssyteme. Schulformen und Schulabschlüsse sind inzwischen weitgehend entkoppelt. Es lässt sich eine bildungsmeritokratische Logik beobachten, wonach sich die Zuweisung von sozialem Status zunehmend an Zertifikaten des allgemeinen Bildungssystems orientiert, die ihrerseits überkommene Ungleichheit legitimieren und das hochgradig selektive Bildungssystem letztlich perpetuieren. Praktische und fachliche Kompetenzen werden demgegenüber entwertet. Die deutsche Debatte um Chancengleichheit in der Bildung konzentriert sich nach wie vor auf Fragen des Zugangs zu höherer Bildung, ignoriert aber die paradoxe Folge der sich verschlechternden Wettbewerbschancen weniger gebildeter Personen auf dem Arbeitsmarkt, die damit notwendig einhergeht.
    6. Akademisierung bedeutet die Verlagerung von Ausbildungen aus dem Berufsbildungssytem in das Hochschulsystem. Parallel dazu findet jedoch auch eine Verberuflichung der Hochschulbildung statt, die zunmehend auf „employability“ abzielt – entgegen dem, vielleicht aber ohnehin nur vorgeschobenen – traditionellen Selbstverständnis deutscher Universitäten. Beide Systeme finden zueinander in Form von dualen Studiengängen.