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Modul 1C LE1 SB2
- Das „duale System“ ist keine Selbstverständlichkeit. Manche Staaten überlassen die Berufsausbildung komplett der Wirtschaft bzw. dem Markt (Japan, USA). In anderen Staaten organisiert, plant und kontrolliert der Staat die Berufsausbildung bürokratisch, diese findet in Schulen statt (Frankreich, Italien, Schweden). Das staatlich gesteuerte Marktmodell, in dem der Staat den Rahmen setzt, innerhalb dessen Betriebe ausbilden, ist eine Besonderheit der deutschsprachigen Länder. Es ist eine Folge historisch gewachsener Parallelstrukturen, die im 20. Jahrhundert zusammengeführt wurden.
- Die 1810 in Preußen eingeführte marktliberal ausgerichtete Gewerbefreiheit löste mit dem Zunftzwang auch das Ausbildungsmonopol der Zünfte ab. Die Mittelstandsbewegung konkurrierte daraufhin mit den Ansprüchen der Industrie. Gewerbeordnungsnovellen der 1880er Jahre schrieben die Berufsausbildung als Serbstverwaltungsaufgabe der Wirtschaft fest und legten den Grundstein für das spätere duale System. Parallel dazu entwickelte sich aus der Sonntagsschule die in einigen Ländern verpflichtende Fortbildungsschule für Jugendliche – die u.a. eine wahrgenommene „Erziehungslücke“ zwischen Schulentlassung und Militärdienst schließen sollte. Rücklin und Kerschensteiner setzten sich dafür ein, dass die Fortbildungsschule eine Gewerbe- bzw. Berufsschule wurde. Bildungsziel war der brauchbare Staatsbürger, der sich durch Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Beharrlichkeit, Selbstüberwindung und die Hingabe an ein tätiges Leben auszeichnete.
- Bis zum ersten Weltkrieg hatte sich eine duale – unverbundene – Struktur aus Betriebslehre (für Handwerkslehrlinge und Handelsgehilfen) und Fortbildungsschule (alle anderen Schulabgänger) herausgebildet. Der Fachkräftebedarf der Industrie hatte zusätzlich zur Einrichtung von Lehrwerkstätten, in denen systematisch Industrielehrlinge ausgebildet wurden, geführt.
- Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein existierten parallel ein handwerklich-traditioneller und ein modern-industrieller Sektor. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der traditionelle Sektor zunehmen von dem industriellen Sektor absorbiert. 1935 wurde die Facharbeiterprüfung der Gesellenprüfung gleichgesetzt. Die Industrie entwickelte ein systematisches Ausbildungsprogramm aus Lehrwerkstatt und Lehrgang. Werkschulen konnten sich wegen der hohen Kosten nicht durchsetzen. Stattdessen wandelte sich die Fortbildungsschule zur verpflichtenden Berufsschule mit vereinheitlichter berufsfachlicher Ausrichtung. Seit 1969 regelt das Berufsbildungsgesetzt die duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule.
- In 1970er Jahren fand eine Reformdiskussion statt. Starkes Wirtschaftswachstum nach dem zweiten Weltkrieg hatte das Bildungs- und Berufswahlverhalten der Bevölkerung dynamisiert. Die Lebensverhältnisse der Bevölkerungsgruppen glichen sich mehr und mehr an. Ungleichheit wurde nun auf ungleiche Bildungs- und Aufstiegschancen zurückgeführt. Es gelang jedoch nicht, die strikte Trennung von Allgemeinbildung und Berufsbildung zu überwinden.
(Republikation eines Beitrags aus dem alten Blog vom 23.05.2024)
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Modul 1C LE1 SB1
- Die Struktur des deutschen Bildungssystems ist in den letzten 300 Jahren entstanden. Die strukturelle Entwicklung wird anhand des preußischen Schulwesen bis 1918 aufgezeigt. Die 1717 im General Edict proklamierte Schulpflicht ließ sich trotz Bekräftigung im Allgemeinen Landrecht erst um 1880 tatsächlich durchsetzen. Das Allgemeine Landrecht unterscheidet niedere und höhere Schulen, wobei den niederen (teils koedukativen) Volksschulen zunächst vor allem die Aufgabe zukommt herrschaftskonforme christliche Untertanen hervorzubringen, während die höheren Schulen (Gymnasien für Jungen mit humanistisch ausgestaltetem Lehrplan) darauf abzielen mit dem 1788 eingeführten Abitur die Berechtigung zum Studium zu verleihen. Dazwischen etablieren sich im 19. Jahrhundert Mittelschulen (Realschulen), die, ausgehend vom Programm der Aufklärung, auf die Vermittlung von nützlichem und praxistauglichem Wissen ausgerichtet sind. Auch die Volksschulen orientieren sich ab 1872 stärker am tatsächlichen Bedarf der aufkommeneden Industriegesellschaft. Aufgrund einer Modernisierungsdebatte entstehen um 1900 zusätzlich das neusprachlich ausgerichtete Realgymnasium und die naturwissenschaftlich-mathematisch ausgerichtete Oberrealschule, die ebenfalls zum Abitur führen, sowie Oberlyzeen für Mädchen, die ab 1908 ebenfalls das Abitur ablegen dürfen. Bis 1918 ist das System ständisch strukturiert, mit getrennten Bildungsgängen und Instutionen ab Klasse 1. Erst 1919/1920 wurde für alle Kinder eine gemeinsame Grundschule eingeführt sowie die Trennung nach der 4. Klasse nach dem Leistungsprinzip. Nach 1945 wurden in der DDR alle Kinder von Klasse 1-10 gemeinsam unterrichtet und ggf bis Klasse 12 auf ein Studium vorbereitet. In der BRD blieb es beim gegliederten Schulsystem, dem sich nach 1990 auch die neuen Bundesländer anschlossen.
- Die Kulturhoheit der Länder nach Art. 30,70 GG greift auf die Zuständigkeiten der Reichsverfassung von 1871 zurück. Die in der Weimarer Verfassung vorgesehene stärkere Rolle des Reiches in Bildung und Schule wurde nach der Erfahrung der NS-Zeit in der BRD nicht beibehalten. Der Bund ist damit lediglich für außerschulische Berufsbildung (die dem Bereich Wirtschaft zugeordnet wird) und Ausbildungsförderung zuständig. Innere Schulangelegenheiten regeln die Länder, äußere Schulangelegenheiten die Kommunen als Schulträger. Koordination der Schulpolitiken geschieht durch die KMK.
- Für unter 3-jährige besteht seit 2013 ein Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung, deren Besuch allerdings freiwillig und in der Regel gebührenpflichtig ist. Im 21. Jahrhundert besteht auch für den Elementarbereich ein Bildungsauftrag, die Idee eines Schonraumes ohne pädagogische Zielsetzung wurde aufgegeben. Ab dem 6. Lebensjahr besteht Schulpflicht, meist für zwölf Jahre, wobei die letzten drei Jahre auch im beruflichen Schulwesen abgeleistet werden können. Die Grundschule umfasst in der Regel die Klassen 1-4. In den Klassen 5-10 (Sekundarbereich I) und 11-13 (Sekundarbereich II) existiert eine Vielzahl paralleler Schulformen, die zu verschiedenen Abschlüssen führen, wobei auch Schulform und Abschussmöglichkeiten vielfach entkoppelt worden sind. Vielfach wurde auch die Hauptschule als eigenständige Schulform aufgegeben. Der Übergangsmechanismus von der Grundschule zu weiterführenden Schulen orientiert sich, empirisch belegt, vielfach nicht am tatsächlichen Leistungsvermögen. Dies hat vielfach eine starke soziale Selektion der SuS zur Folge. Zwischen den Schulformen besteht grundsätzlich „Durchlässigkeit“, die jedoch vor allem im Sinne einer Herabstufung auf eine weniger anspruchsvolle Schulform genutzt wird. Mögliche Schulabschlüsse sind der Hauptschulabschluss, Mittlere Abschluss, die Fachhochschulreife und das Abitur (allg. Hochschulreife). Das deutsche Schulsystem zerfasert seit einigen Jahrzehnten. Es erscheint fraglich, inwiefern formal gleiche Bildungsabschlüsse den gleichen Leistungsstand wiedergeben. Darauf wird mit Maßnahmen zur Standardisierung und Zentralisierung reagiert. Parallel dazu verlieren die Abschlüsse ihre Funktion im Berechtigungswesen: Hochschulen und andere Ausbildungsinstitutionen suchen ihre Anfänger zunehmend nach eigenen Kriterien aus. Im Berufsbildungssystem ist seit den 2010er Jahren die Zahl der Studienanfänger etwas höher als die Zahl derer, die eine duale Ausbildung beginnen. Immer mehr Jugendliche befinden sich in Übergangssystemen.
- Nach 1945 kam es in Deutschland zu einer Bildungsexpansion: längerer Schulbesuch, zunehmend auf „höheren“ Schulformen, Mädchen besuchen gleich häufig oder häufiger allgemeinbildende Schulen. Bildungsbenachteiligung geht heute vor allem mit der sozialen Schichtzugehörigkeit oder einer Migrationsgeschichte einher. Hier ist der aus Art. 3 GG abgeleitete Grundsatz des gleichen Zugangs zu Bildung noch nicht verwirklicht.
- Als Bildungsschisma wird die in Deutschland strikte Trennung zwischen Allgemeinbildung und beruflicher Bildung bezeichnet. Im 21. Jh. hat die KMK verschiedene Beschlüsse gefasst, die eine stärkere Durchlässigkeit zwischen beiden Bildungswegen eröffnen sollen.
(Republikation des Beitrags aus dem alten Blog vom 30.04.2024)
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Riehen/Basel: Fondation Beyeler: Matisse. Einladung zur Reise
Einen Besuch wert
Im Detail:
**Einführung: knapper Einführungstext im ersten Saal, Baudelaire-Gedicht, das den Rahmen für die Ausstellung (und deren Titel) bildet, von Matisse mehrfach in Bildtiteln zitiert. Leider weicht die Übersetzung bzw. Nachdichtung des Gedichts stark vom französischen Original ab und verschiebt damit teilweise (vermutlich ungewollt) inhaltliche Nuancen.
**Benutzerführung: wie gewohnt, sehr gut gelungen. Die Säle sind nummeriert, die Abfolge klar bezeichnet, statt Saalzetteln liefert eine gedruckte kostenlos erhältliche Broschüre Erläuterungen zu einzelnen Werken (ein bis zwei pro Saal), sowie einen Grundriss mit der Abfolge der Säle. Kleine Säle handeln ein, die größeren zwei Themenblöcke ab, die mit einführenden Wandtexten eingeleitet sind. Die Abfolge ist im Wesentlichen chronologisch, die Reise eine Lebensreise.
**Aufstellung/Hängung: sparsam auf weißem Grund. Die kleineren Bronzen stehen offen auf kleinen Podesten. Dabei gelingt nicht immer die Beschilderung, beispielsweise muss man die Jeannettes schon eine Weile betrachten, um zu erkennen, welches welche der fünf Jeannettes ist. Der abgedunkelte große Saal, in dem die Scherenschnitte gezeigt werden, ist mit Zwischenwänden clever abgeteilt von der übrigen Ausstellung. Auf diesen Trennwänden zeigen wandfüllende Photographien des Herstellungsprozess der Scherenschnitte.
**Umfang: umfassend, vom Frühwerk um 1900 bis zu den späten Scherenschnitten aus den 1950ern, über 70 Werke, internationale Leihgaben von Institutionen und privat, darunter natürlich auch die diversen eigenen Stücke aus der Sammlung Beyeler.
**Inhalte: Die Ausstellung zeichnet die Entwicklung der Kunst von Matisse nach und verschweigt dabei auch die Hin- und Abwendung zu und von den verschiedenen Stilen der Zeigenossen nicht. Die Farbe wird prägend als Träger von Emotion, löst sich mit dem violetten Uferweg und dann immer weiter vom Gegenstand. Dekoratives von den Motiven läuft flächig bis in den Bildvordergrund hinein. Immer wieder dasselbe Geländer, dieselbe Obstschale, dieselben Mimosen, dieselbe Frau, irgendwann nur noch dieselbe ausgeschnittene und nur noch leicht variierte Form. Durch die üppigen Leihgaben werden Arbeitsprozess und Entwicklung deutlich.Im Hintergrund bleibt leider Lydia Delectorskaya, für 22 Jahre Matisse‘ Mitarbeiterin, dabei nicht nur Modell sondern auch an der Leinwand im künstlerischen Prozess mitwirkend, Managerin, später Gefährtin. Für den Kurator dieser Ausstellung bleibt es hier (mit Matisse?) beim Blick auf das Objekt, als handelnde Person wird sie nicht greifbar, ihr Einfluss auf den künsterlischen Prozess, gerade der späten Jahre kein Thema. Schade.
Genausowenig wird die merkwürdige Abwesenheit von Männern in Matisse’s künstlerischem Werk thematisiert. Zufall? Keine lukrativen Portraitaufträge? Keine Künstlerfreunde? Kein Selbstbildnis? Die üppige und interessante Ausstellung ist mit sich selbst zufrieden.
**Hintergründe: Matisse bildet einen von mehreren Schwerpunkten der Sammlung Beyeler.
**Architektur: klar, tageslichthell, weiß, geradlinig, mit Durchblicken in die Landschaft.
**Extras:Ein Multimediaraum zeigt den Entstehungsprozess einiger Werke, die Matisse selbst photograpisch festhielt (oder festhalten ließ), dabei wird die Suche nach der abstrakten Form greifbar, aber auch die handwerkliche Seite der Malerei wie der Scherenschnitte.
Zur Ausstellung erscheint der Podcast „This is Basel. Kunst und Architektur“ Folge 8. Matisse – Einladung zur Reise. Mit Selma Alihodžić und Sophie Mercedes Lardon, zu Gast ist der Ausstellungskurator Dr. Raphaël Bouvier.
https://basel.podigee.io/29-selma-sophie
**Daten: 22. September 2024 bis 26. Januar 2025**Website:
https://www.fondationbeyeler.ch/ausstellungen/henri-matisse
**Fazit:Eine sehr schön zusammengestellte, lohnende Ausstellung mit einem klaren Fokus und Narrativ, auch wenn am Ende Fragen offen bleiben.
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Moin
Das ist alles sehr geheim.