Kategorie: Modul 2A1

  • Modul 2A1 LE2, Kapitel 1-9

    1. Der Beispieldatensatz beruht auf einer Befragung in Bildungseinrichtungen. Die Grundgesamtheit bilden alle pädagogisch Tätigen in verschiedenen deutschen Regionen aus den Segmenten Elementar-, Primar-, Sekundar-, Weiter-, Hochschul-, und außerschulischer Jugendbildung. Rücklaufquote 28,2%, Stichprobenumfang n=1.601.
    2. Ein empirisches Forschungsprojekt gliedert sich in zwölf Schritte:
      1. Klärung des Entdeckungs- und Verwertungszusammenhangs
      2. Entscheidung über das Forschungsdesign
      3. Präzisierung der Forschungsfrage und dimensionale Analyse
      4. Hypothesenbildung
      5. Auswahl der Indikatoren und Operationalisierung
      6. Auswahl eines geeigneten Erhebungsinstruments
      7. Festlegung der Untersuchungsobjekte
      8. Entwicklung des Erhebungsinstruments
      9. Vorbereitung der Dateneingabe
      10. Datenauswertung
      11. Interpretation der Befunde
      12. Dokumentation des Forschungsprozesses
    3. Ein Forschungsthema kann sich aus einem bestehenden Forschungsprojekt an einer Hochschule oder anderen Forschungseinrichtung ableiten, aus dem Zusammenhang eines Unternehmens oder aus eigenen Ideen und Fragestellungen.
    4. Bei der Planung des Forschungsdesigns muss geklärt werden, ob primäre (selbst erhobene ) oder sekundäre (bereits vorliegende) statistische Daten verwendet werden sollen. Die Vorgehensweise kann quantitativ oder qualitativ sein. Das quantitative Vorgehen zielt darauf ab, in der Realität vorliegende Strukturen und Gesetzmäßigkeiten aufzudecken. Qualitative Forschung geht davon aus, dass gesellschaftliche Strukturen durch Menschen ständig erzeugt, aufrechterhalten und verändert werden. Falls keine Totalerhebung geplant ist, muss ein Stichprobenplan erstellt werden. Primärstatistische Daten im quantitativen Forschungsprozess können durch Experiment, Beobachtung und Befragung erhoben werden. Bei der Beobachtung werden teilnehmende und nicht-teilnehmende Beobachung, bei der Forscher*innen mit der Versuchsgruppe interagieren, unterschieden. Befragungen können mündlich oder schriftlich, offen oder standardisiert durchgeführt werden. Bei offenen Befragungen müssen die Antworten klassifiziert werden.
    5. Das Forschungsprojekt muss finanziell und zeitlich gemanagt werden.
    6. Eine übergeordnete Fragestellung muss präzisiert werden. Dazu müssen die der Frage zugrunde liegenden Konstrukte präzisiert und Variablen gefunden werden, die verschiedene messbare Ausprägungen annehmen können. Variablen können dichotom, polytom, diskret oder stetig sein. Darauf aufbauend wird die Untersuchungyhypothese formuliert, die durch die empirische Überprüfung bestätigt oder falsifiziert werden soll. Eine dimensionale Analyse gruppiert verschiedene Merkmale der Forschungsfrage, z.B. finanzielle Aspekte (Bezahlung, Sozialleistungen, Boni), soziale Aspekte (Hierarchie, Umgang mit älteren Kolleg*innen, Feedback), kommunikative Aspekte (Informationsfluss, Zugriffsrechte, Erreichbarkeit) oder individuelle Merkmale (Alter, Geschlecht, Geburtsort). Die einzelnen Untersuchungsdimensionen werden durch Indikatoren (Variablen) messbar beschrieben und damit statistisch erfassbar gemacht. Die Indikatoren müssen geeignet sein, einen direkten empirischen Bezug aufweisen, d.h. nicht weiter aufschlüsselungsbedürftig sein, empirisch direkt beobachtbar sein und der Indikator muss überhaupt direkt fassbar sein. Es muss ein passendes Messinstrument für die Ausprägungen der Indikatoren ausgewählt bzw. entwickelt werden und das Skalenniveau der Messung muss bestimmt werden. Kategoriale Skalen sind die Nominalskala und die Ordinalskala. Metrische Skalen sind die Intervallskala und die Verhältnisskala. Je nach Skalenniveau sind verschiedene statistische Analysen möglich. Die Indikatoren und ihre Ausprägungen sind valide, wenn sie das erfassen, was erfasst werden soll. Die Messung ist zuverlässig (reliabel), wenn bei einer Wiederholung durch andere Forscher*innen die gleichen Ergebnisse erzeugt werden können.
    7. Die Grundgesamtheit ist die Gesamtheit aller Merkmalsträger. Ist die Grundgesamtheit sehr groß, wird eine Teilerhebung bei einer Stichprobe durchgeführt. Eine Stichprobe kann ohne Zufallseinfluss als willkürliche oder bewusste Auswahl gezogen werden. Bei der willkürlichen Auswahl ist die Auswahl im Nachhinein nicht nachvollziehbar (Passanten in der Fußgängerzone). Bei der bewussten Auswahl kann eine Quotenauswahl getroffen werden oder es werden typische Fälle ausgewählt. Bei der zufälligen Auswahl hat jedes Elemt die gleiche Chance gewählt zu werden. Eine zufällige Stichprobe mit mindestens 30 Elementen führt zu repräsentativen Ergebnissen – allerdings nicht für beliebige Teilpopulationen. Bei geschichteten Stichproben wird die Grundgesamtheit zunächst anhand bestimmter Merkmale in homogene Schichten unterteilt und dann aus jeder Schicht eine Zufallsauswahl getroffen. Dies erhöht die Genauigkeit der Ergebnisse. Bei der Klumpen(cluster)auswahl werden zufällig Teilgesamtheiten ausgewählt (Stadteil, Straßenzug, Wahlbezirk). Eine Stichprobe ist repräsentativ, wenn sie Strukturen der Grundgesamtheit realitätsgetreu abbildet. Die Repräsentativität reiner Zufallsstichproben lässt sich wahrscheinlichkeitsstatistisch absichern.
    8. In einem standardisierten Fragebogen müssen die Antwortvorgaben das Spektrum möglicher Antworten abdecken und sich gegenseitig ausschließen. Falsche oder fehlende Antworten können durch die Antwortmöglichkeit „weiß nicht“, „unentschieden“ o.ä. vermieden werden.
    9. Den möglichen Ausprägungen und auch dem Fehlen einer Antwort bei den einzelnen Variablen werden zur Auswertung Zahlen zugeordnet (codiert). Die Codierung muss schriftlich festgehalten werden.

  • Modul 2A1 LE 1

    1. Empirische Bildungsforschung untersucht die Bildungsrealität. Sie liefert rationale Begründungen für bildungspolitische Entscheidungen und geht dabei interdisziplinär mit empirischen Forschungsmethoden vor. Bekannte Studien sind PISA und TIMSS. Die Studien haben große Unterschiede zwischen den Bundesländern und die soziale Selektivität des deutschen Bildungssystems offengelegt. Empirische Bildungsforschung ist seit der Jahrtausendwende an den deutschen Universitäten etabliert. Sie versteht sich zunehmend als eigenständige Disziplin.
    2. Die Bildungsforschung untersucht alle Lebensbereiche, in denen Bildungsprozesse stattfinden, dazu zählen öffentlich organisierte Settings und der nicht öffentlich organisierte Bereich. Innerhalb der Lebensspanne werden vorschulische Bildung, schulische Bildung, Hochschulbildung und außerschulische Bildung bzw. Weiterbildung betrachtet.
    3. Empirische Forschungsergebnisse können nur auf der Basis von Methodenwissen sinnvoll genutzt werden. Empirische Sozialforschung ist die „Gesamtheit von Methoden, Techniken und Instrumenten zur wissenschaftlich korrekten Durchführung von Untersuchungen des menschlichen Verhaltens“ (Häder, 2015 zit nach SB 1, S. 35). Methoden sind Systeme von Handlungsanweisungen und Regeln. Techniken sind konrekte Ausgestaltungen von Methoden. Methodologie ist die metawissenschaftliche Erörterung der sozialwissenschaftlichen Praxis. Eine Theorie ist ein System widerspruchfreier Aussagen zur Erklärung der Wirklichkeit. Empirie ist Wissen, das auf systematischen Erfahrungen und theoretischen Modellen beruht. Mithilfe sozialwissenschaftlicher Methoden gewonnene Informationen sind Daten. Sie können mit Zahlen (quantitativ) oder verbal (qualitativ) beschrieben werden. Variablen sind Merkmalen von Objekten, die verschiedene Ausprägungen annehmen können.
    4. Quantitative und qualitative Forschung benötigen unterschiedliche Forschungsdesigns.
    5. Quantitative Forschung folgt meist einer linearen Strategie, während qualitative Forschung meist zirkulär angelegt ist. Qualitative Methoden werden eingesetzt um komplexe soziale Phänomene zu untersuchen. Ziel ist die Rekonstruktion von Zusammenhängen. Dabei werden Befragung, Beobachtung und Analysen von Texten oder Bildern eingesetzt. Etablierte Forschungsansätze sind Biografieforschung, Fallstudien, Ethnografie, Grounded Theory und Evaluationsforschung. Quantitative Forschung sucht nach Kausalbeziehungen zwischen Variablen. Ziel ist die Bestätigung theoretischer Annahmen. Voraussetzung dafür sind spezifische Forschungsfragen, ein systematischer Forschungsprozess und die Replikation der Befunde. Dabei müssen die Gütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität eingehalten werden. Als Forschungsdesigns werden ex-post-facto-Untersuchungen und Experimentelle Forschung unterschieden. Die Datenerhebung erfolgt durch Umfragen, Querschnitt-, Längsschnitt- oder Zeitwandelstudien. Die Daten werden mit statistischen Verfahren ausgewertet. Deskriptive Statistik beschreibt die Daten selbst. Prüfstatistiken geben die Wahrscheinlichkeit an, dass der statistische Wert einer Stichprobe für eine bestimmte Population repräsentativ ist. Die Methodentriangulation integiert qualitative und quantitave Methoden.
    6. Gütekriterien einer Messung sind Objektivität, Validität und Reliabilität. Objektivität ist gegeben, wenn die Messung unabhängig von der durchführenden Person zum selben Ergebnis kommt. Dabei werden Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität unterschieden. Reliablität liegt vor, wenn bei einer Wiederholung unter gleichen Bedingungen die gleichen Ergebnisse erzielt werden. Validität ist gegeben, wenn das Messinstrument das misst, was es messen soll. Interne Validität liegt vor, wenn eine eindeutige Interpretation der Ergebnisse möglich ist, d.h. es sind keine Alternativerklärungen denkbar. Äußere Validität liegt vor, wenn die Ergebnisse generalisierbar sind. Interne und Äußere Validität müssen in Ausgleich gebracht werden. Unterschieden werden Inhaltsvalidität, Kriteriumsvalidität und Konstruktvalidität. Daneben existieren Nebengütekriterien wie Wirtschaftlichkeit, Nützlichkeit oder Vergleichbarkeit.
    7. Ein Fragebogen ist ein wissenschafltiches Instrument, das Personen zu Aussagen motivieren soll, mit dem Ziel, einen Sachverhalt systematisch zu erfassen. Ein Fragebogen dient in der Regel zur Erforschung von Einschätzungen oder Einstellungen. Dabei werden offene, halboffene und geschlossene Fragen unterschieden. Fragen müssen passend formuliert sein und von den Befragten verstanden werden.
    8. Fragebögen müssen vor ihrem Einsatz mithilfe von Pretests evaluiert werden. Die kann durch Beobachtung geschehen (Standardbeobachtungspretest), indem der Fragebogen unter echten Testbedinungen einer Quotenstichprobe vorgelegt und deren Verhalten beobachtet wird. Daneben werden kognitive Pretesttechniken eingesetzt, dazu zählen Think aloud, Paraphrasing, Sorting und Probing.
    9. Studien wie TIMSS und PISA werden vielfach kritisiert. Diese Kritik wird teilweise an die empirische Bildungsforschung insgesamt gerichtet. Empirische Bildungsforscher wünschen sich einen argumentativen Diskurs. Kritik wird häufig im Feuilleton platziert und erreicht nicht das Niveaus eines fachlichen Diskurses. Es werden Stellvertreter-Debatten geführt, hinter denen sich normative Fragen verbergen.
    10. Empirische Bildungsforschung ignoriert die Erkenntnisse der erziehungswissenschaftlichen Genderforschung. Geschlecht wird häufig als Differenzkategorie wahrgenmommen. Die Frage nach dem Geschlecht wird bei der Fragebogenkonstruktion kaum hinterfragt. Werden mehr als zwei Antwortmöglichkeiten vorgesehen, werden andere Antworten als weiblich und männlich aufgrund geringer Fallzahlen bei der Auswertung statistisch übergangen bzw. bringen keine signifikanten Ergebnisse hervor. Dies widerspricht dem Anspruch der Erklärung der Realität. Ein Ausweg kann die Frage nach „typischen“ Eigenschaften anstelle der Frage nach dem Geschlecht sein.