Schlagwort: statistik

  • Modul 2A1 LE 1

    1. Empirische Bildungsforschung untersucht die Bildungsrealität. Sie liefert rationale Begründungen für bildungspolitische Entscheidungen und geht dabei interdisziplinär mit empirischen Forschungsmethoden vor. Bekannte Studien sind PISA und TIMSS. Die Studien haben große Unterschiede zwischen den Bundesländern und die soziale Selektivität des deutschen Bildungssystems offengelegt. Empirische Bildungsforschung ist seit der Jahrtausendwende an den deutschen Universitäten etabliert. Sie versteht sich zunehmend als eigenständige Disziplin.
    2. Die Bildungsforschung untersucht alle Lebensbereiche, in denen Bildungsprozesse stattfinden, dazu zählen öffentlich organisierte Settings und der nicht öffentlich organisierte Bereich. Innerhalb der Lebensspanne werden vorschulische Bildung, schulische Bildung, Hochschulbildung und außerschulische Bildung bzw. Weiterbildung betrachtet.
    3. Empirische Forschungsergebnisse können nur auf der Basis von Methodenwissen sinnvoll genutzt werden. Empirische Sozialforschung ist die „Gesamtheit von Methoden, Techniken und Instrumenten zur wissenschaftlich korrekten Durchführung von Untersuchungen des menschlichen Verhaltens“ (Häder, 2015 zit nach SB 1, S. 35). Methoden sind Systeme von Handlungsanweisungen und Regeln. Techniken sind konrekte Ausgestaltungen von Methoden. Methodologie ist die metawissenschaftliche Erörterung der sozialwissenschaftlichen Praxis. Eine Theorie ist ein System widerspruchfreier Aussagen zur Erklärung der Wirklichkeit. Empirie ist Wissen, das auf systematischen Erfahrungen und theoretischen Modellen beruht. Mithilfe sozialwissenschaftlicher Methoden gewonnene Informationen sind Daten. Sie können mit Zahlen (quantitativ) oder verbal (qualitativ) beschrieben werden. Variablen sind Merkmalen von Objekten, die verschiedene Ausprägungen annehmen können.
    4. Quantitative und qualitative Forschung benötigen unterschiedliche Forschungsdesigns.
    5. Quantitative Forschung folgt meist einer linearen Strategie, während qualitative Forschung meist zirkulär angelegt ist. Qualitative Methoden werden eingesetzt um komplexe soziale Phänomene zu untersuchen. Ziel ist die Rekonstruktion von Zusammenhängen. Dabei werden Befragung, Beobachtung und Analysen von Texten oder Bildern eingesetzt. Etablierte Forschungsansätze sind Biografieforschung, Fallstudien, Ethnografie, Grounded Theory und Evaluationsforschung. Quantitative Forschung sucht nach Kausalbeziehungen zwischen Variablen. Ziel ist die Bestätigung theoretischer Annahmen. Voraussetzung dafür sind spezifische Forschungsfragen, ein systematischer Forschungsprozess und die Replikation der Befunde. Dabei müssen die Gütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität eingehalten werden. Als Forschungsdesigns werden ex-post-facto-Untersuchungen und Experimentelle Forschung unterschieden. Die Datenerhebung erfolgt durch Umfragen, Querschnitt-, Längsschnitt- oder Zeitwandelstudien. Die Daten werden mit statistischen Verfahren ausgewertet. Deskriptive Statistik beschreibt die Daten selbst. Prüfstatistiken geben die Wahrscheinlichkeit an, dass der statistische Wert einer Stichprobe für eine bestimmte Population repräsentativ ist. Die Methodentriangulation integiert qualitative und quantitave Methoden.
    6. Gütekriterien einer Messung sind Objektivität, Validität und Reliabilität. Objektivität ist gegeben, wenn die Messung unabhängig von der durchführenden Person zum selben Ergebnis kommt. Dabei werden Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität unterschieden. Reliablität liegt vor, wenn bei einer Wiederholung unter gleichen Bedingungen die gleichen Ergebnisse erzielt werden. Validität ist gegeben, wenn das Messinstrument das misst, was es messen soll. Interne Validität liegt vor, wenn eine eindeutige Interpretation der Ergebnisse möglich ist, d.h. es sind keine Alternativerklärungen denkbar. Äußere Validität liegt vor, wenn die Ergebnisse generalisierbar sind. Interne und Äußere Validität müssen in Ausgleich gebracht werden. Unterschieden werden Inhaltsvalidität, Kriteriumsvalidität und Konstruktvalidität. Daneben existieren Nebengütekriterien wie Wirtschaftlichkeit, Nützlichkeit oder Vergleichbarkeit.
    7. Ein Fragebogen ist ein wissenschafltiches Instrument, das Personen zu Aussagen motivieren soll, mit dem Ziel, einen Sachverhalt systematisch zu erfassen. Ein Fragebogen dient in der Regel zur Erforschung von Einschätzungen oder Einstellungen. Dabei werden offene, halboffene und geschlossene Fragen unterschieden. Fragen müssen passend formuliert sein und von den Befragten verstanden werden.
    8. Fragebögen müssen vor ihrem Einsatz mithilfe von Pretests evaluiert werden. Die kann durch Beobachtung geschehen (Standardbeobachtungspretest), indem der Fragebogen unter echten Testbedinungen einer Quotenstichprobe vorgelegt und deren Verhalten beobachtet wird. Daneben werden kognitive Pretesttechniken eingesetzt, dazu zählen Think aloud, Paraphrasing, Sorting und Probing.
    9. Studien wie TIMSS und PISA werden vielfach kritisiert. Diese Kritik wird teilweise an die empirische Bildungsforschung insgesamt gerichtet. Empirische Bildungsforscher wünschen sich einen argumentativen Diskurs. Kritik wird häufig im Feuilleton platziert und erreicht nicht das Niveaus eines fachlichen Diskurses. Es werden Stellvertreter-Debatten geführt, hinter denen sich normative Fragen verbergen.
    10. Empirische Bildungsforschung ignoriert die Erkenntnisse der erziehungswissenschaftlichen Genderforschung. Geschlecht wird häufig als Differenzkategorie wahrgenmommen. Die Frage nach dem Geschlecht wird bei der Fragebogenkonstruktion kaum hinterfragt. Werden mehr als zwei Antwortmöglichkeiten vorgesehen, werden andere Antworten als weiblich und männlich aufgrund geringer Fallzahlen bei der Auswertung statistisch übergangen bzw. bringen keine signifikanten Ergebnisse hervor. Dies widerspricht dem Anspruch der Erklärung der Realität. Ein Ausweg kann die Frage nach „typischen“ Eigenschaften anstelle der Frage nach dem Geschlecht sein.